Offener Brief des Kulturvereins Grammophon an den Gemeinderat von Wattens
Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates,
wir bedanken uns für die Subvention in Höhe von 15.000 Euro, die Sie uns für das Jahresprogramm 2026 gewährt haben.
In der öffentlichen, live-gestreamten Sitzung vom 11. Dezember sind einige Dinge gesagt worden, die uns betroffen machen und die wir so nicht stehen lassen können.
Link zum Video der Gemeinderatssitzung vom 11.12.2025 (ab Minute 1:27:45)
„Da wird jeder andere Verein richtig verarscht.“
Herr Vizebürgermeister Robert Peer, Sie haben Folgendes gesagt: „Was tun die Mitarbeiter von Grammophon eigentlich? Da wird jeder andere Verein richtig verarscht. Jeder, der eine Tätigkeit ehrenamtlich leistet – das ist ein Wahnsinn, was im Gasthof Neuwirt passiert.“
In den Unterlagen unseres Förderansuchens steht unter anderem, dass bei Grammophon pro Jahr etwa 4.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit geleistet werden. Wir haben viele Freiwillige, die viele unserer Veranstaltungen überhaupt erst möglich machen. Wir finden es seltsam, dass einige Mandatar:innen Grammophon auf die bezahlten Stellen reduzieren. Dabei dient das Hauptamt in unserem Verein vor allem dazu, das vielfältige Ehrenamt in unserem Verein zu unterstützen und zu fördern. So wie bei einigen anderen Vereinen auch.
Frau Gemeinderätin Maria Schaffenrath, auch Sie stoßen sich an unseren bezahlten Stellen und haben gesagt: „Grammophon hat relativ wenig mit einem üblichen Verein zu tun.“ Es gibt einige Kulturinitiativen in Tirol, die ähnlich arbeiten und aufgestellt sind wie wir. Es ist aus unserer Sicht eine Frage des Standpunktes, was ein „üblicher Verein“ ist.
Richtig, der von Ihnen erwähnte Stricktreff erzeugt für unsere „Bürogrammos“ (unsere Angestellten) nur wenig Aufwand, ebenso wie der Heartchor, das Improtheater und einige weitere Projekte. Aber das ist ja auch die Idee, und auch das beschreiben wir in unseren Unterlagen: Menschen finden im Kultur- und Gemeinschaftshaus Neuwirt einen einladenden Rahmen vor, in dem sie ihre eigenen Ideen selbstorganisiert umsetzen – damit das Programm nicht von einigen wenigen gemacht, sondern von vielen Menschen gestaltet wird.
125 öffentliche Termine
Frau Schaffenrath, Ihnen ist der „Output für die Gemeinde für die Höhe der Fördersumme zu gering“. 2025 haben unter dem Grammophon-Dach 125 öffentliche Termine stattgefunden – für Kinder, Familien und Erwachsene. Zählen wir nur die Termine, bei denen die Bürogrammos stark involviert waren, sind es 40 Veranstaltungen.
Welcher Verein in Wattens oder sonstwo organisiert 40 öffentliche Veranstaltungen im Jahr rein ehrenamtlich? Und koordiniert darüber hinaus noch viele weitere Aktivitäten? Ja, wir haben bezahlte Stellen (im Ausmaß von aktuell insgesamt 1,275 Vollzeitäquivalenten) – denn anders wäre dieser umfassende und professionelle Betrieb nicht zu bewältigen.
Unsere Bürogrammos leisten sehr viel (was genau, lassen wir Ihnen in einer eigenen Liste zukommen). Sie begleiten und koordinieren das vielfältige ehrenamtliche Engagement im Verein. Und sie machen die Ton- und Lichttechnik selbst, das Grafikdesign, die Grundreinigung nach Veranstaltungen – Leistungen, die woanders ausgelagert werden.
Ja, wir kriegen von der Gemeinde Geld. Aber sonst brauchen wir nichts.
Im Gegensatz zu anderen Vereinen bekommt Grammophon von der Gemeinde kein Vereinslokal, keine anteilige Refundierung von Strom- oder Betriebskosten und nutzt keine öffentliche Infrastruktur. Wenn all diese Werte miteingerechnet würden (und nicht nur die eigentliche Subvention), würde die Diskussion aus unserer Sicht wohl anders geführt werden müssen.
Wir verlangen nicht, dass Sie Grammophon-Fans werden. Aber wir erwarten uns, dass Sie sich als Gemeinderät:innen ganzheitlich mit dem auseinandersetzen, was wir machen – und nicht nur mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zahlen.
Kulturförderung ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
Herr Gemeindevorstand Erich Steiner, Sie haben gesagt: „Was dieser Verein zusätzlich von Land und Bund bekommt, verstehe ich sowieso nicht.“ Der Kulturverein Grammophon ist bei beiden Förderstellen als Kultureinrichtung angesehen und eine feste Institution. Wir bemühen uns – zumal in Zeiten knapper werdender Mittel – auch dort um Förderungen. Zudem besagt das Subsidiaritätsprinzip, dass Land und Bund dann fördern, wenn die kommunalen Mittel nicht ausreichen.
Betrachten wir nicht nur die absoluten Zahlen, sondern setzen die Förderung, die Grammophon von der Gemeinde bekommt, ins Verhältnis, dann macht sie „nur“ ca. 15 Prozent unserer Jahreseinnahmen aus. Grammophon verzeichnet pro Jahr ca. 120.000 Euro Einnahmen, die Hälfte davon sind öffentliche Förderungen, die andere Hälfte (60.000 Euro) erwirtschaften wir selbst (Spenden, Sponsoring, Mitglieder-beiträge, Veranstaltungseinnahmen, …). Bitte bedenken Sie das mit, wenn Sie über die Zahlen reden.
Wir bitten um ein Gespräch.
Grammophon bekommt sowohl in Wattens als auch landesweit viel Anerkennung. Viele denken gerne an das Wiesenrock Festival zurück oder an die über 600 Veranstaltungen, die der Verein bislang an 30 verschiedenen Schauplätzen in Wattens organisiert hat. Viele sehen, welches vielfältige Leben Grammo-phon dem Neuwirt-Saal wieder eingehaucht hat und welchen Mehrwert dieser Ort für die Gemeinde hat.
Wir investieren viel Zeit, Herzblut und Ehrenamt in unseren Verein. In der vergangenen Sitzung des Gemeinderats ist hingegen der Eindruck entstanden, dass es uns nur darum geht, Geld zu sammeln und in Personal zu stecken. Es macht uns betroffen, dass unser Verein selbst nach 16 Jahren Kulturarbeit in und für Wattens bei manchen in der eigenen Gemeinde immer noch um Legitimation kämpfen muss für das, was er macht – und wie er es macht. Deshalb bitten wir Sie, sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderats, um einen persönlichen Austausch im Jänner oder Feber 2026.
Ihr Grammophon-Vorstand
